Näpfchensteine
oder Schälchensteine sind Steine, in die Menschen mehr oder
weniger runde Vertiefungen von einigen Zentimetern Durchmesser
hineingearbeitet haben. Diese Vertiefungen nennen wir meistens
Näpfchen oder Schälchen. Man findet diese
Näpfchen oft auf Felsen die durch Eis poliert worden sind, auf
große Findlinge und auf Tragesteine und Decksteine bei
Großsteingräbern. Im allgemeinen geht es bein diesen
Gräbern auch um Findlinge. Aber auch bei kleineren, oft nur
faustgroßen Steinen und eben auf Steinzeitbeilen finden wir
Näpfchen. Möglicherweise gehören solche
Steine deshalb auch zu den Näpfchensteinen.
Solche
Näpfchensteine gibt es überall in Europa. Aber auch
in anderen Teilen der Welt können wir sie begegnen. Wir finden
sie sowohl in den Küstengebieten als auch tief im Innenland.
Und dort finden wir sie nicht nur im Flachland, sondern auch in den
Gebirgen. Außerdem handelt es sich um viele Steine.
 |
Abbildung 1.
Dieser sogenannte
Teufelsstein (Foto 1 + 2) südöstlich von Bippen im
Bundesland Niedersachsen liegt gleich neben dem Großsteingrab
Restrup. Er hat 66 Näpfchen. Der heutige Standort dieses
großen Findlings ist aber nicht der Fundort: dieser liegt
dreiviertel Kilometer entfernt. Foto 3 + 4 hat Wim Mulder aus Apeldoorn
gemacht. Sie zeigen uns einen der vielen Näpfchensteine in
Schweden. Dieser Stein liegt südöstlich von Gamleby
in der Provinz (im schwedisch 'landskap') Småland. |
Wie
alt diese Näpfchen sind, kann man nicht genau sagen, aber
meistens wird angenommen, daß sie aus der Jungsteinzeit oder
Bronzezeit stammen. Wir kennen aber auch Näpfchensteine die
vielleicht junger (aus der Eisenzeit) oder älter (aus der
Mittelsteinzeit) sind.
Über
den genauen Zweck dieser Näpfchen kann man nichts mit
Sicherheit sagen. Im Laufe der Zeit hat man viele unterschiedliche
Erklärungen dafür gesucht. Zwei dieser
Erklärungen können wir als seriös
betrachten. So könnten die Näpfchen zum Beispiel
dienen um Fett, Blut oder Honig aufzufangen. In diesem Fall
könnte es um Opfergaben an den Göttern oder an den
Verstorbenen gehen. Da es auch Näpfchen in senkrechten
Positionen gibt, kann es sich hier nicht immer um flüssige
Stoffe handeln. Daneben ist es auch möglich, daß die
Näpfchen dadurch entstanden sind, weil man Steinpuder
für magische oder volksheilkundige Zwecke benötigt
hatte.
 |
Abbildung 2. Auf
einer der Decksteine
(rote Pfeile Foto oben) vom Hünengrab D16 bei Balloo in der
Niederlande gibt es sechs Näpfchen. Diese Näpfchen
konnten wir nicht so gut sehen, denn der Stein war trocken (Foto links
oben). Aber mit etwas Wasser aus unserer Wasserflasche wurden sie
besser sichtbar (rote Pfeile Foto rechts unter). |
Für
beide Erklärungen hat man historische Hinweise gefunden. So
wissen wir zum Beispiel, daß noch während des
zwanzigsten Jahrhunderts in Schweden bestimmte ältere Menschen
auf geheimnisvolle Weise Fett als Opfergabe in die Näpfchen
geschmiert haben. Sie machten das, um um Genesung bei Krankheiten oder
bei Verletzungen zu bitten oder um übernatürliche
Mächte zufrieden zu stellen. Auch noch im zwanzigsten
Jahrhundert wurde in Schottland im Vereinigten Königreich an
mehreren Orten an bestimmten Zeitpunkten Milch in Näpfchen
gegossen, um Feen zufrieden zu stellen. So sollte verhindert werden,
daß diese Feen die Kühe bezauberten und sie deshalb
keine Milch mehr gaben.
 |
Abbildung
3. Auf zwei der Decksteine
vom Hünengrab D32 bei Odoorn in der Niederlande gibt es
Näpfchen. Das Foto linksoben zeigt auf welchen Steinen wir
diese
Näpfchen sehen können. Die Näpfchen auf dem
Deckstein
der Fotoreihe unten sind mit etwas Wasser aus unserer
Wasserflasche
übergossen wodurch sie besser sichtbar wurden. Die
Näpfchen
sehen bei den verschiedenen Decksteinen etwas anders aus weil der eine
Stein grobkornig und der andere Stein etwas mehr feinkornig ist. GPS-Koordinaten: N
52°51.474' O 006°50.519' |
 |
Abbildung
4.
Auf einer der Randsteine vom Hünengrab D49 'De Papeloze Kerk'
bei
Schoonoord in der Niederlande gibt es zwei Näpfchen. Auch hier
werden die GPS-Koordinaten bestimmt (Foto rechtsunten): N
52°49.208' O 006°46.433'. |
 |
Abbildung
5.
Links und Mitte: auf dem hinteren Stein (beim roten Pfeil)
von Hünengrab D12 bei Eext in der
niederländischen
Provinz Drenthe sehen wir zwei Reihen mit Näpfchen. GPS-Koordinaten: N
53°00.922' O 006°43.455'
Rechts: Hünengrab D2 bei Westervelde in Drenthe hat
auf dem
ersten Deckstein zwei Näpfchen (beim roten Pfeil). GPS-Koordinaten: N
53°03.342' O 006°26.750' |
 |
Abbildung
6.
Die Hünengräber D3 und D4 bei Midlaren in der
niederländischen Provinz Drenthe liegen hintereinander bei
einem
kleinen ehemaligen Bauernhof. Um sie zu erreichen, folgen wir einem
schmalen Pfad zwischen den Hecken. Wir finden hier zwei
Näpfchen bei Hünengrab D3 (bei den roten
Pfeilen). GPS-Koordinaten: N
53°06.467' O 006°40.298' |
Die
Anwendung magisches oder heilkräftiges Steinpulvers ist aus
historischen Quellen bekannt und es kommt auch heutzutage noch vor.
Solches Steinpulver (oder Steinmehl) wurde (und wird) für
allerhand Zwecke verwendet: man streute ein wenig auf den
Äckern um eine gute Ernte zu bekommen oder man gab dem Vieh
etwas davon, um es Gesund zu halten. Oder man wollte selbst Krankheiten
heilen oder vorbeugen. Auch die Anwendung von Steinpuder auf Wunden ist
bekannt. Siehe auch auf diese Webseite
Wetzrillen, Pestrillen oder
Teufelskrallen: Steinmehl als Heilmittel?
 |
Abbildung 7. Vor
allem auf dem kleinen
Deckstein (Fotos oben; siehe rote Pfeil) des Großsteingrabs
'Teufelsbackofen' im Everstorfer Forst im Bundesland
Mecklenburg-Vorpommern gibt es Näpfchen. Und auf dem Deckstein
und einen der Tragsteine vom Urdolmen von Neu Gaarz (Foto links
unter), auch in Mecklenburg-Vorpommern, gibt es insgesamt zwanzig
Näpfchen. Auf dem Friedhof um die Kirche von Rinsumageest in
Friesland in der Niederlande liegen heutzutage noch zwei kleine
Näpfchensteine. Eine Frau die wir auf dem Friedhof begegnet
sind, sagte, es hätte früher mehr solcher
Näpfchensteine auf dem Friedhof gegeben. In diese
Näpfchen legte man damals Münzen als Opfergabe.
Frauen nahmen das Steinpulver aus den Näpfchen ein, in der
Hoffnung ein Kind zu bekommen. |
Näpfchen
wurden nicht nur für magische und
übernatürliche Zwecke benutzt; auch mehr
alltägliche Anwendungen sind bekannt. In
Küstengebieten in Schottland wurden die Näpfchen in
der rezenten Vergangenheit noch als Mörser benutzt, in die
u.a. Muscheln und Schnecken zerstoßen wurden, um dann als
Köder beim Fischen zu dienen.

|
Abbildung
8. Links: Das Tregiffian Barrow oder Tregiffian
Burial
Chamber
ist ein megalithisches Grab in Cornwall, Großbritannien. Am
Eingang des Grabes liegt
eine Replik eines Näpfchensteins. Das Original liegt im Royal
Cornwall Museum
in Truro. Mitte und rechts: Das Großsteingrab Driehauser
Steine
liegt südwestlich von Schwagstorf in Niedersachsen. Auf zwei
Decksteinen dieses Grabes gibt es Näpfchen. Auf dem hier
abgebildeten Deckstein (rechts) kann man sie am besten sehen. Das
Foto in der Mitte zeigt uns um welchen Stein es geht. |
 |
Abbildung
9. Die
Bargloyer
Steinkiste liegt nördlich von Bargloy bei Wildeshausen im
Bundesland Niedersachsen. Es ist ein megalithisches Grab von
ungefähr 2 x
1,5 Meter. Auf dem Deckstein gibt es etwa 25 Näpfchen. Die
roten
Pfeile zeigen die Schälchengruppen die wir bei den Fotos unter
links und in der Mitte genauer sehen. Unter rechts: der Weg zum
megalithischen Grab. |
Der
Brauch der Näpfchen und der damit verbundene Glaube werden
also nicht überall dasselbe gewesen sein. Außerdem
ist es natürlich nicht sicher, ob die Bräuche, die
uns aus historischen Zeiten bekannt sind, immer gleich gewesen sind.
Gab es die Bräuche schon als die Näpfchen entstanden
sind? Vieles über die Näpfchen ist leider noch
unbekannt und es gibt dadurch manchmal eine Anleitung zur Spekulation.
Tekst: Jan
Weertz
Fotos Näpfchenstein Umgebung Gamleby in Schweden: Wim
Mulder
Sonstige Fotos: Jan und Els Weertz